Die kleinen Kästen sind schon da. An mehreren Stellen auf dem Platz finden sich diese Konstruktionen. Es sind Wildbienenhotels und Vorboten eines groß angelegten wissenschaftlichen Projekts. Mit bei diesem Projekt „GolfBiodivers“, als einer von vorerst nur 16 Golfclubs in Deutschland: der Golfclub Brückhausen.
Das vom Bundesamt für Naturschutz finanzierte Projekt untersucht die vorhandene biologische Vielfalt auf Golfplätzen und wie diese bereits vorhandene Vielzahl von Arten in einem langjährigen Prozess noch weiter erhöht werden kann.
Vier Universitäten (TU München, Kiel, Freiburg, Münster) und der Deutsche Golf Verband arbeiten dabei zusammen. Jede Universität konnte im ersten Jahr für dieses Vorher-Nachher-Projekt vier Anlagen auswählen.
Für die Teilnahme am Projekt hatten sich weit über hundert Anlagen in Deutschland beworben. Brückhausen ist eine der ersten 16 ausgewählten Anlagen.
Im weiteren Verlauf der Arbeit zur Artenvielfalt kommen weitere Clubs hinzu, soll die sogenannte „Ökosystemleistung“ von insgesamt 64 Golfanlagen erforscht und überprüft werden.
An der Universität Münster ist die von Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Hötzel geleitete AG Biodiversität und Ökosystemforschung am Institut für Landschaftsökologie Teil des auf sechs Jahre angelegten Projekts.
Prof. Hötzel und seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Frederike Velbert war der Platz des GCB durch Platzbegehungen und wissenschaftliche Arbeiten von Studierenden der AG bereits bekannt. Daher lag es nahe, Brückhausen als eine der vier Anlagen auszuwählen, die von der Uni Münster für die erste Phase des Projekts nominiert werden konnten.
In diesen Sommermonaten läuft die erste Phase, wird der momentane Stand ermittelt, das Vorher. „Null-Monitoring“ nennt es Prof. Dr. Johannes Kollmann von der TU München, Lehrstuhl für Renaturierungsökologie, der das Projekt GolfBiodivers federführend in Deutschland mit den anderen drei Universitäten koordiniert.
Die in Brückhausen und den anderen 15 Anlagen aufgestellten Wildbienenhotels sind nur ein Teil der jetzt anlaufenden Untersuchungen. Die Kästen sehen nicht nur rein funktional und puristisch aus, einige dieser Kästen bergen zudem in unscheinbaren Gefrierbeuteln Hightech vom Feinsten und Kleinsten. Hochsensible AudioMoth-Geräte speichern Geräusche auch weit jenseits der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit und weisen so z.B. Fledermäuse, Vögel und Insekten nach.
Der Standort für die Wildbienenhotels in Brückhausen wurde zuerst auf Satellitenbildern und dann durch Dr. Velbert bei einer Ortsbegehung festgelegt: sonnig und relativ frei liegend.
Schmetterlinge werden während des Projekts auch beobachtet. Ein Mitarbeiter der Münsteraner Arbeitsgruppe war daher an einem Nachmittag mit einem großen Netz auf dem Platz unterwegs, um Schmetterlinge zu fangen.
In den nächsten Wochen geht es weiter mit der Bestimmung des vorhandenen Artenreichtums bei den Pflanzen. Mit Hilfe von GPS werden die verschiedenen Probenbereiche festgelegt und mit Bambusstöcken markiert. In diesen Probenbereichen werden die vorhandenen Arten bestimmt und gezählt. Zudem werden dort 3 cm dicke Bodenproben herausgebohrt.
Soweit die Feststellung des Ist-Zustandes im Juni und Juli durch die Biologen der Uni Münster.
Im Herbst wird dann in Absprache zwischen dem Club und der Uni genau festgelegt, was wo und wie passieren soll, um die biologische Vielfalt in Brückhausen noch weiter zu steigern und damit ein möglichst tolles Nachher zu erreichen.
Ein Ziel, so viel ist schon klar, wird es sein, den Bereich des biologisch hoch interessanten Magerrasens zwischen den Löchern 16 und 17 durch Ansaat weiterer Arten in den vorhandenen Bestand hinein aufzuwerten.
Darüber hinaus werden in einigen Bereichen weitere Blühstreifen und entlang einiger Buschreihen Saumstreifen mit höher wachsenden Stauden angelegt.
Zudem werden die Roughflächen des Platzes in den nächsten Jahren unterschiedlich gemäht, ohne jedoch gegen die grundsätzlichen, uns vom Kreis Warendorf vorgegebenen Mähbeschränkungen zu verstoßen.
Ergebnisse
Das Projekt untersucht das Vorher und Nachher. Um wissenschaftlich valide Aussagen über die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen machen zu können, muss man vergleichen können. Das Projektdesign sieht daher vor, die Fläche des Clubs zu teilen: eine Hälfte wird mit den dargestellten Maßnahmen verändert, die andere bleibt, so wie von uns seit Jahren bearbeitet und dient als Kontrollfläche.
Fast 40 Jahre Arbeit für unsere Umwelt
Für den Club, der fast vollständig von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten umgeben ist, geht mit dem Projekt GolfBiodivers eine fast 40 Jahre lange Geschichte des Bemühens um unsere Umwelt weiter.
Das einst recht trostlose Überschwemmungsgebiet der mitten durch die Anlage fließenden Angel mit Maisäckern und Bullenwiesen wurde durch den Bau des Golfplatzes ökologisch deutlich aufgewertet. Dann wurde der Platz über Jahrzehnte hinweg behutsam und umweltbewusst gepflegt. Wie erfolgreich diese jahrzehntelange Arbeit war, wurde deutlich, als innerhalb von nicht einmal zwei Jahren – und damit in Rekordzeit – das Gold-Zertifikat bei GOLF&NATUR, dem Umwelt- und Managementprogramm des Deutschen Golf Verbandes erreicht werden konnte.
Nun also GolfBiodivers – das anwendungsbezogenen Verbundprojekt „Biodiversitätseffekte einer ökologischen Aufwertung von Golfanlagen – ein Baustein der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“.
Die Ergebnisse des Projekts sollen Vorbildcharakter haben und gepaart mit intensiven Kommunikationsmaßnahmen dafür sorgen, dass der unverzichtbare Beitrag der Golfplätze zur biologischen Vielfalt noch deutlicher wird.
Text und Foto: JSt 02.07.2023