Was ist Aufregendes oder Neues passiert? Krähenattacke auf drei Fairways – nix Neues.
Krähenattacke auf ein Grün – neu, ärgerlich, aber bislang beherrschbar. Nachsaat aller Fairways? Routine. Zuwenig Wasser: Dauerzustand. So bleibt Zeit für ein anderes Thema: Grünsgeschwindigkeiten.
Grüngeschwindigkeiten werden mit einem speziellen Gerät gemessen, dem Stimpmeter. Technisch ist das Gerät simpel. Eine Aluschiene, V-förmig mit einer Einkerbung, in die ein Ball gelegt wird. Wird die Schiene angehoben, rollt der Ball herunter und auf dem Grün weiter.
Der gemessene Wert, wie weit mehrere Bälle unter standardisierten Bedingungen in beide Richtungen rollen, wird in Fuß oder cm angegeben.
Was gilt dabei als schnell?
Werte für Golfplätze |
Werte für PGA-Turniere |
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Sehr schnell | über 259cm | über 320cm |
Schnell | 228cm – 258cm | 289cm – 319cm |
Mittel | 198cm – 227cm | 259cm – 288cm |
Langsam | 167cm – 197cm | 228cm – 258cm |
Sehr langsam | 137cm – 166cm | 198cm – 227cm |
Eine Art Richtgeschwindigkeit, DIE richtige Grünsgeschwindigkeit für alle Plätze gibt es nicht. Jeder Platz ist viel zu individuell. Welche Werte für einen Platz angemessen und erzielbar sind, hängt vom Design der Grüns, den Gräsern auf dem Grün, dem Budget des Greenkeeping und dem Können der Spieler ab, um nur die wesentlichsten Aspekte zu nennen.
Für jeden Platz gibt es zudem eigentlich zwei Werte, einmal den Normalwert für Clubgolf und einen Spitzenwert für Meisterschaften.
Was sind Spitzenwerte?
Die European Tour der Profigolfer akzeptiert auf westeuropäischen Plätzen einen Wert von 9 Fuß (oder 2,75 m) auf dem Stimpmeter – ein Wert, den wir bei den meisten Clubmeisterschaften der letzten Jahre übrigens auch erreichten oder übertrafen.
Auf der US Tour sind Werte von 14 Fuß, also rund 4,30 m, nicht ungewöhnlich. Dafür wurden die Grüns vieler dieser Tourplätze mit hohem Millionenaufwand speziell gebaut, umgebaut, vor allem aber platt gemacht. Denn hohe Grünsgeschwindigkeiten und ondulierte Grüns passen nicht zusammen. Diese TV-Grünsgeschwindigkeiten, erzielt mit doppeltem Mähen am Morgen und Abend mit Handmähern und zusätzlichem Walzen, haben mit denen auf einem normalen Golfplatz nichts zu tun. Ein Normalgolfer bricht sich auf solch schnellen Grüns einfach nur die Ohren nach dem Motto: Sicherer 5 Putt! Oder: irgendwann geht jeder Ball mal rein!
Hohe Geschwindigkeiten sind immer nur für einen begrenzten Zeitraum und immer nur mit immensem Aufwand erzielbar. Um jeden Preis eine Grünsgeschwindigkeit zu erreichen, die als ‚schnell‘ eigestuft wird, ist nicht sehr klug. Werden die Grüns zu schnell gemacht, schießen die Kosten in die Höhe, es stehen weniger Fahnenpositionen zur Verfügung, die Gräser leiden enorm und die Runden werden länger.
Eine Faustregel ist: 1 Fuß mehr Grünsgeschwindigkeit bedeutet eine Viertelstunde längere Spielzeit. 14 Fuß schnelle Grüns gab es auch bei einer Lochspiel-Veranstaltung des Deutschen Golf Verbandes im Süden Deutschlands. Diese 14 Fuß sind dann auch in die Geschichte des deutschen Golfs eingegangen – die 6 Stunden Spielzeit bei diesem Turnier aber auch.
Hohe Grünsgeschwindigkeiten sorgen aber nicht nur für überlange Spielzeiten, sie sind vor allem eins: teuer. Dafür müssen die Grüns niedriger und häufiger gemäht, gewalzt, vertikutiert und tagsüber im Sommer von Hand gewässert werden.
Das bedingt erst einmal den entsprechenden Maschinenpark. Der ist bereits richtig teuer. Für den Gegenwert eines Handrasenmähers der Grüns bekommen Sie einen netten Gebrauchtwagen, für einen Aufsitzmäher werden Listenpreise aufgerufen, die einem gut ausgestatteten neuen Mittelklassewagen entsprechen.
Für superschnelle Grüns brauchen Sie aber nicht nur viel Geld, sondern vor allem auch die notwendigen Mitarbeiter. Ganz extrem ist es bei Tourevents. Da kommen eigene Grasspezialisten der Tour schon weit im Vorfeld, um die Grüns schnell zu machen, als zusätzliche Helfer springen dann kurz vor und während des Turniers häufig die zahlreichen Head Greenkeeper der Region ein. Spezialisten der Herstellerfirmen warten die zahllosen Maschinen, die dem Veranstalter für das Turnier zur Verfügung gestellt werden. Leute ohne Ende für dieses Tourevent! Leute, die das normale Budget eines Clubs sprengen würden.
Was unter den sagenhaft schnellen TV-Golfgrüns in den USA oder sonst wo im Boden verborgen liegt, erzählt auch kaum jemand. Da ist nämlich häufig unter jedem Grün mehr als eine Million Dollar verbuddelt an Technik für die einzeln ansteuerbare Klimaanlage des Grüns! Gekühlt, gewärmt, belüftet, entwässert, bewässert – wie hätten Sie’s denn gern? Sie können alles haben, nur ist die Rechnung halt entsprechend hoch.
Ganz egal aber, wieviel Geld man reinsteckt, welchen Aufwand man betreibt: trotz allem können Grüns nicht das ganze Jahr über die gleiche Geschwindigkeit haben. Auch die teuersten Golfanlagen haben Normalwerte und Spitzenwerte bei der Grünsgeschwindigkeit. Gräser haben Tagesform, sind extrem wetterfühlig. Regen und Luftfeuchtigkeit machen Grüns langsam, Pflegemaßnahmen können sie langsamer oder schneller machen.
Wenn in wenigen Wochen in Augusta das Masters als TV-Ereignis zelebriert wird, denken Sie daran: dieser Golfplatz ist nur wenige Monate im Jahr geöffnet, denn in den Sommermonaten könnte selbst der megareiche Augusta National Golf Club den Platz nicht Masters-würdig präsentieren.
Um Grüns schnell zu bekommen, ist die einfachste Methode, die Schnitthöhe zu senken. Kurz geschnittene Grüns sind aber problematisch, die Gräser haben Stress: im Hochsommer verbrennen die Gräser leicht, im Herbst bedingt ein zu niedriger Schnitt fehlende Widerstandskraft der Gräser gegen Krankheiten und Wetter – die Grüns können also im Sommer und im Winter kaputt gehen.
Da in Deutschland nur wenige Pflanzenschutzmittel zugelassen sind, hilft bei auftretenden Krankheiten der gestressten Gräser die berühmt-berüchtigte ‚chemische Keule‘ schon lange nicht mehr, die Grüns werden häufiger und länger krank, werden daher langfristig schlechter.
Werden Grüns jedoch vernünftig gepflegt, treten weniger Krankheiten auf und eine Lebensdauer von 100 Jahren ist kein Problem. Im GCB setzen wir beim Thema Grünspflege auf solche Nachhaltigkeit. Dass wir uns dennoch mit unseren Grüns nicht zu verstecken brauchen, zeigen die vielen bei uns ausgerichteten Deutschen Meisterschaften der letzten Jahre.
Wir können zwar problemlos Geschwindigkeiten von 10 Fuß erreichen, wenn das Wetter mitspielt und wir das für einen gewissen Zeitraum wollen. Bei einer Deutschen Meisterschaft hatten wir mal 3,30 m schnelle Grüns – aber das war schon fast unfair auf einigen Grüns. Mehr als 10 Fuß, also 3,00 m, so wie bei den Clubmeisterschaften, wollen wir deshalb nicht, da bei unseren ondulierten Grüns der Platz dann unspielbar wäre. Im Normalbetrieb haben wir Grünsgeschwindigkeiten im Bereich ‚mittel‘ und ‚schnell‘.
Unser Ziel im Greenkeeping sind keine extrem schnellen, sondern harte, treue und gesunde Grüns. Dafür machen wir eine Menge. Vor allem eine Menge mechanischer Schritte!
250mal pro Jahr mähen oder walzen wir die Grün. Das macht pro Jahr rund 900 Arbeitsstunden aus. Dabei erfolgt der Wechsel zwischen Mähen und Walzen in einem Rhythmus, der nach Untersuchungen amerikanischer Rasenforscher den besten Kompromiss aller Faktoren bei der Erzielung von Grünsgeschwindigkeiten bietet.
Die Grüns werden regelmäßig vertikutiert und zudem jede Woche mit MiniTines gestachelt, um die Luftzufuhr im Wurzelbereich der Gräser zu gewährleisten. Nach dem Stacheln kommen beim Topdressing 5 Tonnen Sand als Sandüberzug auf die Grüns, um Unebenheiten auszugleichen und die Grüns langfristig gesund zu erhalten. Sechsmal pro Jahr kommt eine spezielle Nachsaat auf die Grüns.
1900 Stunden Arbeit stecken wir jedes Jahr in die Grüns.
Wir meinen, dass dies der richtige Weg ist.
Text: JSt 14.09.2020
Fotos: B.Bauersfeld, J.Stiegler