Mögest Du in interessanten Zeiten leben – schon mal von diesem chinesischen Fluch gehört? Das Greenkeeping hat die letzten Wochen in wirklich interessanten Zeiten gelebt! Und sich allen Widrigkeiten zum Trotz wirklich supertapfer und erfolgreich geschlagen! Der Platz war als eine der ersten Anlagen im Münsterland nach Lockdown und Schneechaos wieder bereit für den Ansturm der Mitglieder – und das in einem super Zustand! Toll gemacht!
Dauerregen, Matsch, Schneemassen, Überflutung, Frost, Sturm, der Druck durch gesetzlich vorgegebene Fristen für einige Arbeiten, Urlaube und dann noch die sehr kurzfristige Freigabe des Platzes nach dem Lockdown durch die neue Coronaschutzverordnung – da kam einiges zusammen, was Planung und Durchführung der Arbeiten sehr erschwerte.
Wasser
Die Angel hatte es sich bereits vor der einsetzenden Schneeschmelze einige Tage lang überlegt, ob sie über die kritische Marke von 2,40m am Pegel Wolbeck hinaussteigen wollte. Mit 2,40 Pegelstand m ist die Angel zwar proppenvoll, aber gerade eben noch in ihrem Bett.
Irgendwann war es der Angel dann zu viel geworden. 2,70 Pegelstand, Angel und Kleine Angel traten über die Ufer, weite Teile des Platzes wurden überflutet: ‚Land unter‘.
Die Folge: Westfälische Seenlandschaft wie hier auf Loch 2!
Ein Gutes hatte die Überschwemmung: die langanhaltende Austrocknung des Oberbodens bis in mehr als 2 m Tiefe hatte ein Ende, weil das Wasser auch diese Bereiche durchfeuchtete.
Mit der Überschwemmung stiegen die Wasserstände in allen Teichen wieder auf ein Niveau, dass wir in den drei Dürrejahren 2018 bis 2020 nicht mehr gesehen hatten.
Teiche, wie der an Loch 14 links, die seit Jahren dauerhaft so trocken waren, dass sie schon in Gefahr waren, den Status ‚wechselfeuchte Zone‘ zu verlieren und zur dauertrockenen Senke zu werden, auch diese Teiche führen nun Wasser – und das nicht zu knapp. Der Teich um das Inselgrün an Loch 5 war während der Dürre zum trockenen Abenteuerspielplatz für kletterwillige Mitglieder geworden – ein nicht ungefährlicher Bereich, wie ein Mitarbeiter leidvoll bestätigen kann, der dort verunglückte.
Inzwischen ist dieser Teich mit fast 5000 qm Wasser wieder prall gefüllt.
So sehr die Wassermengen auch als notwendig begrüßt wurden, hatte diese Wetterentwicklung natürlich zur Folge, dass Maschinen längere Zeit den Platz gar nicht oder nur sehr eingeschränkt befahren konnten, notwendige Arbeiten nicht oder nur verspätet durchgeführt werden konnten.
Holzarbeiten
Die eingeschränkte Befahrbarkeit des Platzes hatte zum Beispiel Auswirkungen auf die Holzarbeiten. Die mussten nämlich zeitweilig eingestellt werden. Das Zeitprogramm geriet daraufhin gehörig durcheinander.
Mit der Wetterbesserung wurden die Arbeiten zwar wieder möglich, aber zu einem Rennen gegen die Zeit, denn Pflegeschnitte sind nur bis Ende Februar erlaubt. Head Greenkeeper Stefan Markfort entschied sich dafür, die Schnittarbeiten soweit es irgend ging durchzuführen und die Entsorgung des Schnittguts auf später zu verschieben.
Besonderes Augenmerk galt bei den Holzarbeiten dieses Jahr einigen Einschränkungen der Spielbarkeit des Platzes durch immer größer werdende Bäume.
Auf dem Platz waren in den letzten Jahren immer mehr blinde Schüsse entstanden, weil die Sicht für den Schlag auf die Landezone durch größer gewordene Bäume versperrt wurde. An drei Löchern wurden daher Arbeiten vorgenommen. An Loch 10 schon vor einigen Wochen, nun in den letzten Tagen des Lockdowns auch an den Löchern 4 und 5.
Hier auf Loch 4 ist nun für die meisten Mitglieder unseres Clubs die Sicht zum Grün frei gemacht worden.
Auch im Dogleg von Loch 5 wurde innen Platz geschaffen.
Für das Rating sind diese Änderungen völlig ohne Belang. Nur die Spielbarkeit – oder zumindest das Gefühl der besseren Spielbarkeit – für alle Mitglieder wird besser werden.
Wegebau
Die Bauarbeiten am Weg zur Halfwayhütte kamen durch Schnee und Frost auch zeitweilig zum Erliegen. Inzwischen ist der Weg bis zu Grün 9 geklinkert. Die restlichen Meter werden folgen.
Fairways
Große Teile des Platzes standen tagelang unter Wasser. Trotzdem konnten wir als einer der ersten Golfclubs im Münsterland den Platz wieder öffnen. Mehrere sonnige Tage mit starkem Wind hatten die Spielflächen des Platzes extrem schnell abtrocknen lassen und der umfangreiche Drainagenbau der letzten Jahre auf vielen Fairways tat das übrige.
Jetzt nach dem Abtrocknen kann man deutlich sehen: die Fairways sind besser als je zuvor durch den Winter gekommen. Sicherlich hat der Lockdown daran Anteil, die Belastung der Fairways in den matschigen Wintermonaten zu reduzieren, aber ganz wesentlich haben all die Mitglieder zum guten Zustand der Fairways beigetragen, die ihre Bälle aufgeteet haben. Divotfreie Fairways in dieser Jahreszeit sind essentiell für den möglichst guten Zustand im Rest des Jahres, weil kein Unkraut in die Divots einwandern kann. Noch können herausgeschlagene und zurückgelegte Divots nicht wieder anwachsen oder die angrenzenden Gräser das offen gebliebene Divot schließen.
Bitte behalten Sie daher dieses Aufteen der Bälle vorerst noch bei!
Wenn wir gerade beim Aufteen der Bälle sind, noch ein kleines Geheimnis – aber nur, wenn Sie das Geheimnis nicht weitererzählen: unter diesen Bedingungen (Spielen von Abschlagmatten oder Tees) kann man sogar handicapwirksam spielen, wenn die Spielleitung dies per Platzregel für das Turnier erlaubt.
Wie geht es in den nächsten Tagen weiter? Die Fairways sind inzwischen gewalzt und geschnitten. Sie werden bei entsprechender Witterung noch gedüngt werden müssen.
Grüns
Lange war nicht an ein Mähen der Grüns zu denken. Matsch, Nässe, Schnee. Erst kurz vor dem Ende des Lockdowns war der Platz wieder mit Maschinen befahrbar und so konnten die Grüns ihren ersten Schnitt seit Herbst passend zur Wiedereröffnung bekommen. Auch hier muss gesagt werden: die Grüns sind wirklich phantastisch durch den Winter gekommen!
Jetzt gilt es, die ersten Pflegemaßnahmen richtig anzugehen. Richtig heißt hier: vorsichtig! Mähen der Grüns ist immer eine der ersten Maßnahmen. Viel kann da passieren, vor allem viel schiefgehen. Das größte Unglück passiert immer dann, wenn die Grüns zu früh zu kurz gemäht werden, um sie schnell zu machen.
Richtig ist es, bei den ersten Schnitten nur einen gewissen Prozentsatz des Graswuchses (zwischen 10 und maximal 30%) zu entfernen. Zu groß ist die Gefahr, dass die Gräser durch einen Tiefschnitt Schaden nehmen, vor allem, wenn noch Frosttage kommen sollten. Von den Schäden erholt sich ein Grün eventuell erst nach vielen Monaten. Es sind in manch anderen Clubs aber auch schon Grüns komplett kaputtgemäht worden…
Die Schnitthöhe wird bei uns mit den nächsten Schnitten und abhängig von der Wetterlage langsam weiter reduziert, die Grüns damit auch wieder schneller werden. Und noch ein Hinweis am Rande: wirklich gute Grüns gibt es nur, wenn alle, wirklich alle sich bemühen, Pitchmarken zu entfernen! Nicht nur die eigenen…
Die nächsten Arbeiten auf den Grüns stehen übrigens schon an: Düngung und bei entsprechender Wetterlage auch früher als vorgesehenes Aerifizieren der Grüns mit Hohlspoons. Wenn alles passt und tatsächlich früher als geplant aerifiziert werden kann, wird das auf der Webseite kurzfristig bekannt gegeben.
Schonung des Platzes
Das Vermeiden von Divots durch Aufteen ist ein wesentlicher Aspekt bei der Schonung des Platzes.
Andere Aspekte gehören auch zu dieser Schonung des Platzes.
Unser Platz hat strukturbedingte Engstellen mit hoher Belastung der Gräser. Wenn die Gräser dort nicht nur mit Fußspuren, sondern auch zusätzlich noch mit Trolleys malträtiert werden, entstehen an diesen Stellen Schäden, die nur mit hohem Aufwand repariert werden können.
Wenn es Ihnen irgend möglich ist, nutzen Sie bitte ein Tragebag. Wenn Sie nur mit ein paar Schlägern, einigen Bällen, einer Pitchgabel und Tees auf die Runde gehen, sollte so ein Tragebag für die meisten unserer Mitglieder auch wirklich tragbar sein.
Warum eine Pitchgabel? Ach, das wissen Sie ja…
Text und Fotos: JSt 02.03.2021